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Oldie but Goldie

Interview mit Eisschnelllauf-Legende Günter Traub

„Alle Titel, Rekorde und Fähigkeiten sind vergänglich. Sie taugen überhaupt nicht zum Angeben.
Vorbild zu sein, das Weitergeben von Erfahrungen und die Motivationen durch Begeisterung haben hingegen eine andere Qualität.“ – Günter Traub

Günter Traubs Familie hat Wurzeln in der Quadratestadt! Seine Mutter Johanna Traub (geb. Reinhard) wurde 1906 in Mannheim geboren. Günter verbrachte als Kind und Jugendlicher oft Zeit bei Verwandten in Mannheim. Er gilt als einer der einflussreichsten deutschen Pioniere des Eisschnelllaufs. Zunächst im Rollschnelllauf aktiv, war er später auf dem Eis und auf Inlineskates sowohl als aktiver Sportler, als Trainer und als Masters-Sportler überaus erfolgreich. Als aktiver Sportler stellte er im Großen Eisschnelllauf Vierkampf zwei neue Weltrekorde auf. Seine Karriere im Aktivenbereich wurde durch einen schweren Trainingsunfall jäh beendet. Später arbeitete er als Mentaltrainer und Fitnesscoach.

Er betreute neben den Formel-1 Weltmeistern Jackie Stewart, Niki Lauda und Michael Schumacher auch König Juan Carlos von Spanien. Günter Traub gilt als Urheber, Autodidakt und Stehaufmännchen, der sich immer wieder neu erfindet und Grenzen neu definiert. Frank Streitberger, der Autor dieses Interviews traf Günter Traub am 15.01.2023 im Rahmen der Deutschen Meisterschaften in Chemnitz und führte im Anschluss dieses Interview.

 

Zunächst einmal herzlichen Glückwunsch zu einer weiteren deutschen Meisterschaft. Wie viele nationale und internationale Titel hast Du insgesamt schon erzielt?

Im Rollschnelllauf:

  • 39 Deutsche Meisterschafts-Titel
  • 4 x Weltmeister
  • 1 x Europameister

Im Eisschnelllauf:

  • 4 x Deutscher Meister
  • 2 Großer-Vierkampf-Weltrekorde (1963 und 1968)
  • 9 Deutsche Master-Titel und 4 x Master-Weltmeister
  • Olympische Winterspiele 1964 in Innsbruck und 1968 in Grenoble, jeweils erfolgreicher Teilnehmer über alle 4 Strecken

Für meine Verdienste in beiden Sportarten erhielt ich aus der Hand des Bundespräsidenten Heinrich Lübke die höchste deutsche Sport-Auszeichnung: „Das Silberne Lorbeerblatt“.


Chemnitz, Masters-DM, 15.01.2023: Sieger in der AK80: Günter Traub

Lass uns zunächst auf Deine Karriere als aktiver Sportler zurückblicken. Du hast als Rollschnellläufer angefangen. Du warst sogar mehrfacher Rollschnelllauf-Weltmeister. Wie kamst Du zum „Rollschnelllauf“? Berichte bitte den Lesern über die ersten Jahre Deiner Karriere.

Schon als kleiner Junge mit ca. 4 Jahren hatte ich sogenannte „Absatzreißer-Schlittschuhe“ unter meinen Füßen. Diese mussten mit seitlichen Klammern und Drehgewinden an die Schuhsohlen angeschraubt werden.

In den damals relativ sehr kalten Wintermonaten der 40er und 50er Jahre machte mir das Eislaufen auf dem Natureis immer sehr viel Spaß. Unter meinen Schulfreunden war ich bald der Schnellste und sie nannten Sie mich auch „Hermes den fliegenden Götterboten“.

In den 50er Jahren gab es jedoch in Schweinfurt und Unterfranken weit und breit keine Eisschnelllauf-Wettkämpfe. Später als Mitglied des Schweinfurter Eislauf- und Rollschuhvereins ERVS war es mir aber möglich in der Sommersaison an Rollschnelllauf-Rennen, auf sogenannten Squads, damals noch mit Holzrollen bestückt, teilzunehmen. Schon bei meinen ersten Start 1956 konnte ich an den Bayerischen Jugendmeisterschaften Siege über 1000 und 3000m erringen und bei den Deutschen Jugendmeisterschaften wurde ich Sieger über 1000m. Damit hatte mich ein gewisser Trainings-Ehrgeiz gepackt.

Im Sommer 1957 startete ich erstmals bei den Deutschen Meisterschaften in der Senioren-Klasse. Zu meiner eigenen Überraschung gewann ich die 10.000m. Ich wurde Mitglied der Deutschen Rollschnelllauf-Nationalmannschaft und konnte 1958 an den Rollschnelllauf Weltmeisterschaften in Italien in Finale Ligure/Italien teilnehmen.

Ich staunte nicht schlecht, als wir, ca. 40 Teilnehmer/innen aus 12 Nationen, bei unseren Wettkämpfen von 1000 bis 20.000m von einer Kulisse mit ca. 20.000 Zuschauern frenetisch angefeuert wurden.

Sämtliche Weltmeister-Titel gewann damals das Gastgeber-Land Italien. Mit über 6000 Aktiven war Italien seinerzeit die tonangebende Rollschnelllauf–Nation in der Welt.

Ich hatte herausgefunden, dass in San Benedetto del Tronto (Adria/Italien), die attraktive Rollschnelllauf-Bahn mit überhöhten Kurven, die Trainings-Hochburg der Italienischen National-Mannschaft war. So konnte ich meine Eltern überzeugen ihre nächsten Camping-Ferien mit mir an der Adria zu verbringen.

Von den italienischen Weltmeistern die auf dieser schnellen Bahn trainierten und ihren Trainings-Methoden konnte ich sehr viel lernen. Sodass ich 1961 in Süd-Frankreich meinen ersten Weltmeister-Titel über 5000 m vor 3 Italienern erringen konnte.

1965 wurde ich in Belgien Doppel-Weltmeister über 1.000 und 5.000 m. Zusammen mit meinem Bruder Jürgen gewannen wir auch die 20.000 m American-Weltmeisterschaft (Das Zweier-Mannschafts-Rennen).

Geboren und aufgewachsen im unterfränkischen Schweinfurt war die nächstgelegen Eisschnelllauf-Bahn in Inzell. Wie verlief für Dich der Einstieg in den Eisschnelllauf?

Im Winter 1958/59 startete ich als Junior auf den schnellen Kufen zum ersten Mal bei Deutschen Eisschnelllauf-Meisterschaften in Garmisch-Partenkirchen (400 m Natureisbahn auf dem Riessersee). Bei meinen ersten Eisschnelllauf-Rennen lief ich die schwierigere Eisschnelllauf-Technik noch mit meinem etwas holprigen Rollschnelllauf-Stil, sodass die damals in Deutschland tonangebenden Münchner Läufer meinten: „Der lernt das Eisschnelllaufen nie“. Doch ihre spöttische Aussage spornte meinen Ehrgeiz umso mehr an.

Der eissichere Frillensee bei Inzell wurde erst ein Jahr später, in der Winter-Saison 1959/60, entdeckt. Da Rollschnelllauf keine Olympische Sportart war, Eisschnelllauf jedoch eine große olympische Tradition hatte, konzentrierte ich auf diese Sportart meine ganze Motivation. Im darauffolgendem Winter 1959/60, auf dem neuendeckten Inzeller Frillensee, war ich bereits der beste deutsche Nachwuchs-Eisschnellläufer. Nur ein Jahr darauf, in der Winter-Saison 1960/61, konnte ich dem Münchner Josef Biebl seinen Deutschen Meister-Titel streitig machen und dabei 3 neue deutsche BRD-Eisschnelllauf-Rekorde aufstellen.

Lass uns noch mal ca. 61 Jahre zurückblicken. Am 17. und 18.2.1962 fanden in Moskau die Weltmeisterschaften im Eisschnelllauf statt, bei denen Du als junger Athlet für die BRD teilgenommen hast. Die Wettkämpfe wurden bei Eiseskälte im offenen Luschniki-Stadion, damals noch Lenin-Stadion, vor der unvorstellbaren Kulisse von ca. 85.000 Zuschauern ausgetragen. Welche Erinnerung hast Du an die Stimmung im Stadion und an den Wettkampf?

Als damaliger Bundeswehr-Angehöriger (Gebirgsjäger in Bad Reichenhall) durfte ich eigentlich gar nicht hinter den sogenannten „Eisernen Vorhang“ reisen. Mein dem Eisschnelllauf-Sport sehr aufgeschlossener Bataillons-Kommandeur wollte mir jedoch keine Steine in den Weg legen. Er sagte mir, daß ich für meinen Aufenthalt im Ostblock hinter dem damals „eisernen Vorhang“, ganz offiziell aus der Bundeswehr entlassen worden sei.

Kaum auf dem Moskauer Flughafen angekommen wurden mein Eisschnelllauf Sportkollege Gerhard Zimmermann und ich von früh bis spät von einem sogenannten Dolmetscher begleitet, das heißt überwacht. Wir konnten keinen einzigen Schritt ohne ihn unternehmen.

Zwei Wochen vorher bei der Eisschnelllauf-Europameisterschaft in Oslo, war ich sehr guter 6. in der Gesamtwertung. Vor allem konnte ich ganz überraschend den hervorragenden 2. Platz über 10.000 m, nur 0,6 sec. hinter dem norwegischen Weltmeister, Weltrekordler und Olympiasieger über diese Langstrecke, Knut Johannessen, erkämpfen.

Und eigentlich war ich auch bei den Eisschnelllauf-Weltmeisterschaften in Moskau in einer guten Verfassung. Durch widrige Umstände wurde ich jedoch sehr stark beeinträchtigt und benachteiligt. Schon bei meinem Start über die 500 m Kurzstrecke, ich wurde gegen den 4-fachen russischen Olympiasieger über diese Strecke, Eugen Grischin ausgelost, verursachte dieser 2 Frühstarts. Diese lastete der russische Starter jedoch mir an. Beim meinem 3. Start wurde ich von zahlreichen Zuschauern derart ausgepfiffen, dass ich übervorsichtig reagierte, und entsprechend schlecht fiel dann meine 500 m Zeit auch aus.

Beim 5000 Meter beim 12 ½ Runden Rennen überrundete ich meinen australischen Gegner Allan Heffernan. Aber durch die unkorrekte Rundenanzeige ließ man mich eine Runde zu viel laufen. Als unser deutscher Obmann Alfons Fritz gegen dieses falsche Ergebnis Protest einlegte, zog man mir die zu viel gelaufene Runde wieder ab, jedoch wurde mein korrigiertes 5000 Meter Zeitergebnis vom Kampfgericht derart manipuliert, dass ich über diese Distanz ausgerechnet den 17. Platz belegte. Bekanntlich können jeweils nur die besten 16 Läufer über die 5000 m Strecke für das abschließende 10.000 m Rennen antreten.

Ein Jahr später konntest Du in Madonna di Campiglio den großen Mehrkampf gewinnen und dabei einen neuen Weltrekord im Großen Vierkampf aufstellen. Ganz plötzlich warst Du in Deutschland ein Star. Wie verlief das?

Unser tägliches Eisschnelllauftraining fand auf dem kalten Frillensee, im Schatten der umliegenden Bergkulisse statt. Hier traf während des Winters kein einziger Sonnenstrahl diesen 930 m hochgelegenen See und so mussten wir stets auf relativ langsamen Eis laufen.

Die in der Sonne gelegene 400 Meter Hochgebirgs-Eisschnelllauf-Bahn in Madonna di Campiglio, 1600m über dem Meer, bot durch ihre Höhenlage nicht nur den Vorteil des geringeren Luftwiderstandes, sie wurde vor allem von erfahrenen Eisarbeitern jeweils ganz hervorragend präpariert. Also bot diese Rekordbahn beste Voraussetzungen für neue persönliche Bestzeiten. Mit diesen erwartungsvollen Einstellungen gingen auch sämtliche internationalen Teilnehmer an den Start. Dass ich mit 3 neuen deutschen Rekordverbesserungen auch den acht Jahre alten Vierkampf-Weltrekord des Russen Dimitri Sakunenko, den dieser 1955 auf der bekannt schnellen Hochgebirgsbahn von Alma Ata 1700m ü. M. aufgestellt hatte, unterbieten konnte, überraschte auch mich sehr.

Durch diese, auch international viel beachtete Weltrekord-Leistung, wurde der in Deutschland im Schatten stehende Eisschnelllaufsport wieder populärer. Natürlich stand auch ich durch die zahlreichen Medienberichte plötzlich im Lichte der Sport-Öffentlichkeit.

Es freute mich auch ganz besonders, dass mein alter Sportsfreund, der Mannheimer Karl Hager, damals hieß er noch Karl Merdes, bei diesem Wettkampf mit dabei war. Auch er startete in unserer deutschen Mannschaft. Und als authentischer und fachkundiger Zeuge feuerte er mich bei meiner Weltrekord-Leistung mit an. Noch viele Jahre später unterhielten wir uns immer wieder sehr gerne über die einmaligen Erlebnisse von Madonna di Campiglio. Leider existiert, infolge der weltweiten Klima-Erwärmung, auch diese sehr schnelle Natureisbahn schon seit einigen Jahrzehnten nicht mehr.

Die Mannheimer Kufenflitzer vom MERC freut natürlich besonders, daß Du Dich an Karl Hager erinnerst. Wann bist Du ihm zum ersten Mal begegnet und was verbindet Dich mit ihm?

Bei den Deutschen Kleinbahnmeisterschaften 1961 in Hamburg, die ich gewinnen konnte, traf ich Karl Merdes/Hager zum ersten Mal. Seit dieser Zeit waren wir beste Sport-Freunde. Vom 8 Jahre älteren Super-Sportler Karl konnte ich viel lernen, und er gab mir wertvolle Ratschläge. Karl war bekanntlich auch ein sehr erfolgreicher Radrennfahrer in der obersten A-Klasse, während ich in der C-Klasse Radrennen fuhr, hauptsächlich um meine Kondition und Grundlagenausdauer für den Eisschnelllauf zu trainieren und zu verbessern.


Erfurt, 06.12.2013, vorne von links: Günter Traub, Karl Hager.In der 2. Reihe von links: Peter Reimann, Martin Seiler, Trainer Fritz Rothans und Heinz-Jürgen Vignold

Karl nahm von 1959 – 2010, über 51 Jahre ! erfolgreich an zahlreichen Eisschnelllauf-Wettkämpfen teil. Ich glaube, dass ist in dieser Sportart ein einmaliger Alters-Rekord, zumindest in Deutschland. Auch erinnere ich mich noch sehr gut an die erfolgreichen Mannheimer Eisschnellläufer/innen, der ersten Stunde, Ellen Hauss, Roswitha Rettig, Julia Urban und ihren rührigen Trainer Karl Ostertag.

Kommen wir zu Deiner Zeit als Trainer zurück. Du warst als Nationaltrainer in den USA unter anderem für Eric Heiden und Peter Mueller (Anm. d. R.: Peter Mueller ist heute Bundestrainer und er war auch der erfolgreiche Coach von Claudia Pechstein) zuständig. Wie kam der Kontakt zu dem US-Verband und welche Erinnerung hast Du zu den beiden US-Sportlern?

Nachdem ich 1968 mein Studium als Sportwissenschaftler an der Deutschen Sporthochschule mit meiner Masterarbeit „ Voraussetzungen für Höchstleistungen im Eisschnelllauf „ ( 155 Seiten ) mit Auszeichnung bei Prof. Dr. Hollmann. abgeschlossen hatte, schlug mich 1969 der DSB ( Deutscher Sport Bund ) als neuer Eisschnelllauf Bundestrainer bei der DESG vor.

Ich lehnte diese, auch für mich interessanten National-Trainer Aufgabe, meine fast gleichaltrigen Eisschnelllauf Sportkameraden zu trainieren, jedoch wegen des noch fehlenden Alters-Autoritäts-Unterschiedes noch ab. Ich wollte zuerst einmal meine neuen Trainings-Methoden im Ausland unter Beweis stellen.

Der nordamerikanische Eisschnelllauf Verband USAISA hatte sofort großes Interesse und bot mir einen attraktiven Vertrag als Olympia-Coach an. Da ich meine Trainer-Basis in der bekannten Universitätsstadt Madison / Wisconsin hatte, bot man mir die Gelegenheit mein Studium weiterzuführen, d.h. zum Dr. Sport zu erweitern. Ein Studienzweig der damals in Deutschland noch nicht existierte. Infolge meines unglücklichen Unfalles in den USA konnte ich dieses jedoch leider nicht weiterführen.

Madison war damals die nordamerikanischen Eisschnelllauf-Hochburg aus der die bekannten Olympiasieger/innen Diane Holum, Anne Henning, Peter Müller und Eric Heiden hervorgingen.

Diese großartigen Eisschnelllauf-Talente konnte ich leider nur eine kurze Zeit trainieren, denn bekanntlich hatte ich einen schweren Unfall. Mit Diane Holum, der späteren Trainerin von Eric Heiden tauschte ich jedoch noch jahrelang meine Trainings-Methoden aus. Auch die tonangebenden USAISA Funktionäre bestätigten mir immer wieder, daß ich der eigentliche Urheber dieser erfolgreichen US-Eisschnelllauf Geschichte gewesen bin: „You have our successful speedskating started !“.

Nach meinen 23 Knochenbrüchen-Unfall führte ich in Italiens bekannten Thermalbädern mein Reha-Training durch. Als dies dem italienische Eisschnelllauf-Verband bekannt wurde wollte er mich als „Allenatore Federale“ Bundestrainer unter Vertrag nehmen. Dies kam mir damals auch sehr entgegen.

Ab der Wintersaison 1970/71 trainierte ich meine italienischen Schützlinge auf der 400 m Kunsteisbahn in Inzell. Neben dieser Mannschaft betreute ich jedoch auch den 16 jährigen Amerikaner Peter Müller, den mir sein deutschstämmiger Vater sehr ans Herz gelegt hatte. Noch heute bekräftigt mir der international sehr erfolgreiche Trainer Peter Müller bei jedem unserer Wiedersehen, dass er damals sehr viel von mir gelernt hat, nicht nur für seinen 1000 m Olympiasieg 1976 in Innsbruck, sondern vor allem für seine siegreiche Trainer-Laufbahn.

Wenn man Deine Vita liest, fällt einem natürlich der schwere Trainingsunfall mit den vielen Knochenbrüchen auf. Es wird davon berichtet, dass Dir die Ärzte eine schlimme Heilungsprognose gegeben haben und Du noch im Krankenhaus auf dem Gang erste Rehabilitationsübungen in Eigenregie gemacht hast. Stimmt das?

Leider erlitt ich als neuer Coach der US-Olympia-Mannschaft schon nach einigen Monaten einen sehr schweren Unfall. Die amerikanischen Ärzte prognostizierten mir dass ich infolge meiner 23 komplizierten Knochenbrüche, in Zukunft mehr mit meinem Kopf zu arbeiten hätte.

Ich gab jedoch meine Heil-Hoffnungen nicht so schnell auf und ich rief mir schon seinerzeit immer wieder ins Gedächtnis: „Wohldosierte Bewegungen können unter den richtigen Umständen die besten Heilungen hervorrufen.“

Hätte ich, damals vom Hochleistungssport noch total überzeugt, diesen Unfall der die große Wende in meinem Leben bewirkte, nicht durchgemacht, hätte ich auch nicht durch meine alpinen Bewegungstrainings-Seminare vielen gestressten Menschen wieder zu einer neuen Lebens-Qualität verhelfen können.

So gesehen hat eben alles im Leben seinen tieferen Sinn. Heute versuche ich mein Leben mehr nach dem Motto zu gestalten:

„The trick is to die young, but as late as possible” Der Trick ist jung, das heißt fit und gesund zu sterben, jedoch so spät wie möglich! 

Und so gilt vor allem für die die älteren Generationen: „Den Jahren mehr Leben zu geben, als dem Leben mehr müde Jahre hinzuzufügen“

Biologisch gesehen hilft regelmäßiger Ausdauer-Sport in unserem Leben ganz enorm, „SICH JÜNGER ZU HALTEN und zu FÜHLEN, als es unserem CHRONOLOGISCHEM ALTER entspricht“.

Für unsere LEBENS-QUALITÄT ist es sehr wichtig, dass man versucht, sich bis ins hohe Alter fit zu halten. Denn Bewegung und dosierter Sport ist in jedem Alter oft die wirkungsvollste, beste und gesündeste Medizin ohne Tabletten.

Entspricht das auch ein bisschen Deinem Lebensmotto, sich nicht unterkriegen zu lassen? Woher hast Du immer den Willen und die Kraft her bezogen?

Ich versuchte mich in meinem Leben fast immer an den folgendem Vorsatz zu halten:

„RICHTIG MACHEN = ERFOLG, FALSCHMACHEN = MISSERFOLG !“ - Dieser Spruch rief in mir auch immer wieder Energie und Hoffnung hervor, weiter zu machen und nie aufzugeben.

Von meinen vermeintlichen Fehlern probierte ich stets etwas zu lernen und noch das Beste daraus zu machen. Denn ich bin der Meinung „Jedermann kann sich wieder aufrichten, auch im übertragenen Sinne, wenn er / sie / es, den ersten Schritt für das eigene, aus Lebenserfahrung anvisierte Ziel klein genug ansetzt…“

Woran scheitern Viele Deines Erachtens? Was ist das Geheimnis für sportlichen Erfolg?

In letzter Zeit ist viel geforscht worden. Wenn Leistungssportler oft zu hohen Belastungen ausgesetzt sind, die mehrfach Verletzungen hervorrufen und sie zu wenig Zeit zur Regeneration haben, geht der Spaß am Sport verloren. Die Folge ist, dass talentierte Sportler oder Sportlerinnen aussteigen weil sie das Interesse am Sport verloren haben.

Viele Sporttalente zerbrechen auch am Stress. Und häufig sind es fehlende Mental-Tools für den Umgang mit auftretenden Problemen.

Spitzenleistungen fallen nicht vom Himmel. Sie müssen hart erarbeitet werden. Das erfordert Disziplin und Willensstärke. Sie setzen neben Talent, vor allem auch Begeisterung, eine gewisse Leidenschaft, sowie große Kraft und viel Mut voraus.

Für eine erfolgreiche Motivation ist es wichtig, dass man sich auf dem Weg zum Erfolg, das Erfolgs- Erlebnis immer wieder vorstellt. So dass man die Gefühle, das Glück und die Anerkennung durch den Erfolg buchstäblich spüren kann. Dann wird der Erfolg auch Realität werden.

Dabei ist es vor allem sehr notwendig sich selbst zu vertrauen und an sich selbst zu glauben. Man muss sich selbst jedoch reale Ziele setzen. Dann ist es ein wunderbares Gefühl, wenn man feststellt, dass man mit Disziplin und Motivation diese erreichen kann.

Es ist jedoch sehr wichtig für sich selbst ein „positives Umfeld“ zu sorgen. Denn wenn dieses nicht stimmt, können durch Neid, Missgunst und fehlende Anerkennung, Unsicherheiten entstehen. Aber auch Niederlagen gehören dazu. Das gilt nicht nur im Sport, sondern auch im gesamten Leben. Aus meinem Leben als Leistungssportler habe ich mitgenommen, dass Rückschläge dazu gehören, dass sie sogar sehr gut sein können. Oft muss man erst verlieren, um zu lernen wie man gewinnt.

Nach Deinem Karriereende als aktiver Sportler hast Du Dir in St. Moritz eine völlig neue Existenz aufgebaut und als Mentaltrainer und Fitnesscoach gearbeitet. Im Jahr 1990 drehte Willy Bogner den Kinofilm „Feuer, Eis und Dynamit“ mit Roger Moore und Shari Belafonte in der Hauptrolle. Der Handlung nach müssen u.a. die Teilnehmer eines Wettkampfs mit Schlittschuhen eine Bobbahn hinunterfahren. In dem Film hattest Du einen Gastauftritt. Welche Rolle, bzw. Funktion hattest Du bei den Dreharbeiten und wie kam der Kontakt zu Willy Bogner auf?

Ich kannte Willy Bogner schon seit meiner Olympiateilnahme an den Olympischen Winterspielen 1964 in Innsbruck, er als erfolgreicher alpiner Skiläufer, ich als Eisschnellläufer. Den größten Teil seines spektakulären Films drehte er im landschaftlich sehr attraktiven Ober-Engadin. Ich fungierte damals als Teamleader der Golf GTI Mannschaft, eine der 10 Werks-Teams die um den Sieg kämpften.


St.Moritz, 07.02.1990 Von links u.a.: Niki Lauda, Willy Bogner, Walter Röhrl, Shari Belafonte, Keke Rossberg. Ganz rechts Günter Traub

Kommen wir zum Inlineskating: Wann hast Du zum ersten Mal mit 4 bzw. 5 hintereinander angeordneten Rollen, also im heutigen Sprachgebrauch Inlineskates trainiert?

1997 war ich auf BONT Inlineskates (fünf 78 er Rollen), die ich von der Firma Powerslide zum Einkaufspreis beziehen konnte, fast auf Anhieb in meiner Altersklasse siegreich. Im Laufe der nächsten Jahre nahm ich in der Schweiz an etlichen Inline-Marathon Rennen erfolgreich teil.

Meine schnellste Zeit lief ich mit 1:05.31 Std. beim Engadin Inline Marathon 2002 von Maloja nach Schanf.

Leider hatte ich Jahre später bei einem Halb-Marathon Rennen einen sehr fatalen Sturz, den ein junger sehr unachtsamer Läufer verursachte. Durch diesen sehr ärgerlichen Unfall habe ich mir am meinem rechten Oberarm und Schulter-Gelenk 3 Sehnen abgerissen. Diese mussten kompliziert operiert werden. Meine Heilung und Therapie zog sich über ein halbes Jahr hin. Danach fand ich, dass es für mich in meinem Alter viel zu gefährlich sei, bei weiteren Inline-Rennen zu starten.

Du hast auch im Inlineskating beim Berlin-Marathon teilgenommen. Was war Deine Bestzeit und wie oft hast Du die AK-Wertung in Berlin gewonnen?

Im Jahr 1999 startete ich als 60–jähriger zum ersten Mal beim Berlin Inline-Marathon. Ich konnte meine AK 60 mit ca. 20 Minuten Vorsprung auf den 2. in meiner AK gewinnen.

Wertvoller war jedoch meine Zeit von 1:14.55 Std. mit der ich unter den über 5000 Teilnehmern den 46. Platz in der Gesamtwertung erringen konnte. Und diese Super-Leistung erzielte ich auf 5x78er Rollen!

Nur noch einmal im Jahr 2004 nahm ich am Berlin Inline Marathon teil. Damals mußte ich als Begleiter eines prominenten Seminarteilnehmers jedoch wesentlich langsamer laufen. Als er nach der Hälfte der Marathon-Strecke aufgab versuchte ich schneller zu skaten und erreichte noch einen sehr guten 2. Platz in der AK 60.

Gerne füge ich noch hinzu:

Vom Jahr 1969 bis 1999 nahm ich 30 Jahre lang nicht aktiv am Eisschnelllauf teil. Als in der Wintersaison 1998 die neuen Klapp-Schlittschuhe aktuell wurden, reizte es mich diese noch einmal auszuprobieren. Während meiner 30-jährigen Eisschnelllauf-Pause nahm ich jedoch an etlichen Volksläufen bis zum Marathon teil. Und im Winter trainierte ich ab 1972 im Skilanglauf-Dorado des Ober-Engadins auf den schmalen Brettern, startete 20 mal am Engadin-Skilanglauf-Marathon, sowie bei Skilanglauf-Volksläufen in Italien, Österreich, Deutschland und Skandinavien. 1979 kämpfte ich mit 16.000 Skilangläufer/innen beim Vasalauf über 90 km in Schweden von Sälen nach Mora. In den Jahren 1986 und 1987 war ich bei Triathlon-Wettkämpfen bis zum Ironman erfolgreich. Durch diese Formen des Langstreckentrainings konnte ich meine Ausdauerleistungs-Fähigkeiten beibehalten.

Bist Du in Deiner Wahlheimat St.Moritz auch sportlich unterwegs? Der zugefrorene See lädt doch im Winter zum Skilanglauf, bzw. Eisschnelllauf ein und auch im Sommer gibt es doch schöne Rad-, MTB und Inlineskating-Strecken. Wie hältst Du Dich fit und wie sieht eine übliche Trainingswoche bei Dir aus?

Meine ersten Höhentrainings-Erfahrungen im Ober-Engadin ( 1800 – 3300m ü. M ), machte ich schon im Winter 1964 als ich nach meiner Teilnahme an den Olympischen Winterspielen 1964 in Innsbruck zum Alpinen Skilauf in St.Moritz / Ober-Engadin war.

Als Hochleistungssportler und durch mein Studium an der Deutschen Sporthochschule Köln bei Prof. Dr. Wildor Hollmann (seinerzeit ist er Präsident des Weltärzte Sport-Verbandes gewesen) war ich schon damals für die Höhentrainings-Effekte sensibilisiert. Zur entsprechenden Vorbereitung der Athleten an die außergewöhnliche Höhenlage der Olympischen Sommerspiele 1968 in Mexiko City (2400m ü.M. ) d.h. zur Adaption an diese Höhe mit ihrem reduziertem Sauerstoff wurden in mehreren Ländern interessante Höhentrainings-Versuche von der internationalen Sportmedizin durchgeführt.

Denn bei vielen Hochleistungs-Sportlern und Sportmedizinern bestanden damals große Bedenken und Unsicherheiten ob in dieser sehr großen Höhe physische Ausdauer-Höchstleistungen ohne körperliche Schäden realisiert werden könnten.

An der Deutschen Sporthochschule, DSHS Köln nahm ich während meines Studiums an einer interessanten Höhentrainings-Testreihe teil. Sechs Ausdauer-Hochleistungssportler trainierten über 3 Monate, 5 mal wöchentlich 45 min. , unter Labor-Bedingungen im geschlossenen System, d.h. mit Maske unter den reduzierten Sauerstoff-Mangel-Bedingungen von 2400m ü. M. Das heißt in unseren Ergometer-Systemen war exakt der verringerte Sauerstoff-Partialdruck der Mexiko City- Höhe eingestellt.

Durch dieses Höhen-Simulations-Training verbesserten sich nicht nur unsere Blut-, sondern auch unsere endokrinen Werte. Dadurch nahm die Sauerstoff-Aufnahmefähigkeit zu, was eine Verbesserung der Ausdauer-Leistung bedeutet.

Die gleichen positiven Ergebnisse konnte ich in der Praxis, jedoch etwas später, nur durch ein 1-wöchiges direktes Training in der Höhe des Ober-Engadins (1800 – 3300m) erzielen.

Denn mein gesamter Organismus war während meines Höhen-Belastungs-Trainings und auch in der Erholungszeit täglich 24 h lang den reduzierten Sauerstoff-Mangel-Bedingungen des Ober-Engadins ausgesetzt. Das heißt, mein Körper musste sich 24 Stunden lang umstellen um sich an die Höhe entsprechend anzupassen.

Durch diese Erkenntnisse trainierte ich ab 1964 ganz bewusst, regelmäßig in den Höhenlagen des Ober-Engadins. Dieses nicht ganz unproblematische Höhentraining trug auch dazu bei, dass ich meine großen sportlichen Erfolge, wie z. B. meinen neuen Weltrekord im Großen Eisschnelllauf- Vierkampf im Jahr 1968 realisieren konnte.

Auf Grund meiner wissenschaftlichen Studien-Grundlagen und durch meine eigenen praktischen Höhentrainings-Erfahrungen organisierte ich ab 1972 meine ALPINEN BEWEGUNGSTRAININGSSEMINARE in St.Moritz / Oberengadin als Höhen-Gesundheits-Training für jedermann.

Auch die sehr erfolgreichen mehrfachen Formel-1-Weltmeister Jackie Stewart, Niki Lauda und Michael Schumacher realisierten bei mir mehrmals individuelle Höhentrainings-Aufenthalte.

Dieses für den menschlichen Organismus gewinnbringende Ausdauertraining muß jedoch individuell pulskontrolliert und altersangepasst sein. Fast täglich führe auch ich dieses fast täglich, zumindest 5 mal in der Woche, ca. 1 Stunde und mehr durch.

Im Sommer unternehme ich Bergwanderungen und Mountainbike-Touren, oder ich fahre mit meinem Rennrad auf einen in der näheren Umgebung liegenden Alpen-Pässe. Im Winter laufe ich hauptsächlich mit meinen Langlauf-Ski über die schneebedeckten Ober-Engadiner Seen. Eisschnelllauf mache ich im Ober-Engadin nur sehr selten. Denn infolge der tückischen kleinen Eisrisse auf dem St. Moritzer See, machte ich durch verhängnisvolle Stürze mehrmals schlechte Erfahrungen.

Auch versuche ich fast täglich mit Faszien-Stretching und Beweglichkeits-Gymnastik meinen altersbedingten Bewegungs-Einschränkungen entgegenzuwirken. Durch regelmäßige Yoga-Übungen und Meditationen probiere ich mich entsprechend zu entspannen.

Vielen Dank, lieber Günter, dass Du Dich für die Fragen zur Verfügung gestellt hast. Gibt es noch etwas, das Du den jungen Sportlern mit auf ihren Weg geben möchtest ?

Gerade durch Sport kann man für sein Leben sehr viel lernen. Zum Beispiel hat die unumstößliche Tatsache „IM SPORT GELERNT - IM LEBEN GEKONNT !“ auch in meinem Leben immer wieder wichtige Abschnitte sehr positiv beeinflusst.

In diesem Sinn möchte ich allen jungen Sportlern/innen für ihre erfolgreiche Zukunft und zu ihrer persönlichen Motivation auch folgende Worte mit auf ihren Weg geben:

  • „USE IT, OR LOOSE IT“ Nütze Dein Können, sonst wirst Du es verlieren
  • „NO PAIN , NO GAIN !“
  • „Pain is temporary, but glory is forever !“ Schmerzen durch leistungsforderndes Training sind nur vorübergehend, jedoch der Ruhm des Erfolges bleibt immer !